Interview mit Alfred Hödl, Leiter des Forschungszentrums Verwaltungswissenschaften

Das Forschungszentrum Verwaltungswissenschaften verbindet problemorientierte sozialwissenschaftliche Forschung, Praxis im öffentlichen Sektor und Lehre. Als Innovationsmotor und Wissensdrehschreibe unterstützt es die öffentliche Verwaltung dabei, zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln. Wie das gelingt, erklärt Leiter Alfred Hödl im Interview.

Was ist der Schwerpunkt Ihres Forschungszentrums?

Das Forschungszentrum forscht im und für den Bereich des öffentlichen Sektors. Wir unterstützen und begleiten die öffentliche Verwaltung und die öffentliche Wirtschaft bei der Entwicklung von zukunftsfähigen Kompetenzen, um so gesellschaftlichen Herausforderungen aktiv und gestaltend begegnen zu können. Immer im Blick: ein fairer, inklusiver und gemeinwohlorientierter Staat.

An welchen Leuchtturmprojekten forschen Sie derzeit?

Aktuell wird in mehreren Themenbereichen geforscht. In der internationalen Vergleichsstudie „Digital public services and ombuds role in access to justice“ werden die Auswirkungen fortschreitender Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen untersucht. Dabei geht es insbesondere um die Gefahr des Ausschlusses sozialer Gruppen von diesen Dienstleistungen und um den eingeschränkten Zugang zu Recht.

In einem eigenen mehrjährigen Forschungsprozess werden über die Phänomene der Staatsverweigerung und neue Formen des Extremismus auf internationaler Ebene die Gefahren für Demokratien untersucht.

Ein weiteres Projekt beschäftigt sich mit Arbeitszufriedenheit und -gestaltung in der öffentlichen Verwaltung. Auch das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt uns. Im interdisziplinären Projekt ESG SmartHub erstellen wir gemeinsam mit zwei weiteren Departments eine Nachhaltigkeitsplattform für die Wiener Wirtschaft.

Mit Fachhochschulen in Deutschland und in der Schweiz arbeiten wir zudem an einem internationalen Vergleich im DACH-Raum, der die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der verwaltungswissenschaftlichen Ausbildungen untersucht.

Welche Rolle spielt der Nachhaltigkeitsgedanke bei Ihrer Forschung?

Nachhaltigkeit spielt im Forschungszentrum Verwaltungswissenschaften eine zentrale Rolle. Im Fokus steht das Zusammenspiel zwischen staatlichem Handeln und seinen gesellschaftlichen Auswirkungen. Dabei wird auch immer wieder der Public Value und seine Messbarkeit ins Zentrum gerückt. Unsere Forschung greift aktuelle Herausforderungen auf – von Klimawandel über die Social Development Goals (SDG) bis hin zum Governance-Teil von ESG - aber auch der demographische Wandel und Migration und die damit verbundenen sozialen und wirtschaftlichen Unsicherheiten spielen eine Rolle. Komplexe Themen erfordern nicht nur technische Lösungen, sondern auch ein tiefes Verständnis gesellschaftlicher Dynamiken. An diesem Punkt setzen unsere Forschungsprojekte an.

Eine effizientere und effektivere Verwaltung führt außerdem zu greifbaren Verbesserungen im Alltag der Menschen, beispielsweise durch effiziente Verwaltungsprozesse, eine bessere Infrastruktur oder ein modernes Bildungssystem. Auch die Wirtschaft braucht eine moderne und leistungsfähige Verwaltung, die für die Rechtssicherheit sorgt.

Welche Themen werden Sie in Zukunft beschäftigen?

Wir werden uns in naher Zukunft noch stärker auf zentrale gesellschaftliche Herausforderungen konzentrieren. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung von Transformationsprozessen wie der Digitalisierung, dem verantwortungsbewussten Einsatz von KI in der Verwaltung, der nachhaltigen Entwicklung und der gleichzeitigen Bewältigung mehrerer komplexer Veränderungen.

Darüber hinaus werden die demografischen Entwicklungen sowohl im öffentlichen Dienst als auch in der Gesellschaft stärker in den Fokus rücken, insbesondere im Hinblick auf Themen wie den Generationenwechsel, den Fachkräftemangel und die Alterung der Bevölkerung. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die Frage, wie (finanzielle) Ressourcen gezielt genutzt werden können, um die Herausforderungen des Klimawandels bzw. der Klimawandelanpassung zu bewältigen.